Der Geist der „diesjährigen“ Weihnacht

Diesem Artikel gehen zwei Artikel voraus… und ein halbes Leben… 

Teil 1: Weihnachten 2013

Teil 2: Weihnachten 1990-2012

So also der Stand bis – sagen wir mal – November / Anfang Dezember 2014.

Klassischer Weise beginnt es da ja wieder richtig „weihnachtlich“ zu werden. Der Einzelhandel erinnert ja schon ab Anfang September an das bevorstehende Ereignis. Dann gesellen sich Buden mit komischen Dingen wie Kerzen, Handschuhen, Holzschnitzereien und allerlei sonstigen Staubfängern dazu, die man für ein paar Wochen in der Wohnung verstauben lässt und anschließend wieder – in einer Kiste verpackt – Platz im Keller wegnehmen lässt…. 

Genauso werden jährlich 1000e von Tannen in Deutschland an getötet, weil sie schlichtweg in einer unnatürlichen, lebensfeindlichen Umgebung verdursten oder sogar bei noch lebendigen Zweigen verbrennen. Das ist auch ziemlich übel, wenn man darüber nachdenkt, dass diese Tanne irgendwann einem Vogel Schutz und einem anderen Tier Nahrung oder Obdach hätte geben können. Naja, man kann nicht alles haben…

Es „begab“ sich zu einer Zeit Es geschah also zu einer Zeit Anfang Dezember, dass diverse Posts bei Google+ zum Thema Weihnachten, Weihnachtsmärkte und dem ganzen lästigen metaphorischem Glocken-klingen kursierten. Immer wieder stichelte ich ein wenig in den Beiträgen, schrieb auch selbst einen, der etwas kritischer war, mit einem Augenzwinkern…

Nun reagierten Menschen darauf… Menschen, mit denen ich vorher schon einigen Kontakt hatte und Menschen, mit denen ich dann plötzlich Kontakt hatte. Menschen, die mit auf Zug aufsprangen, Menschen, die lediglich „bedauern“ zu Ausdruck brachten…

Unter den Kommentaren in verschiedenen Posts, so auch in diesem, tauchte immer wieder Katharina (Name von der Redaktion geändert) auf. Sie schien ebenfalls eine gewisse Abneigung zu den ganzen wir-sind-so-froh-über-die-Weihnachtszeit-Gesprächen zu haben. Katharina stichelte mit. Hier und da entwickelten wir Ideen, wie man Weihnachtsmärkte stimmungsvoller machen könne. An einem Montag dann, gegen 20:00 Uhr, schrieb ich Katharina persönlich in einem Hangout an und brachte noch einige Vorschläge, die, zugegeben, unter den Weihnachtsposts nichts zu suchen hatten. Es waren Vorschläge wie:

Maria und Josef Figuren mal für eine Fotosession zu umarmen
Ihnen Nachts einfach mal die SAW-Masken-Geräte aufzusetzen und die Krippe durch ein Dreirad mit Clown auszutauschen
China-Böller mal in der Krippe zu zünden
Die Krippenfiguren mit Lametta oder ähnlichem zu schmücken

und dergleichen mehr…

Es wurde ein etwas längerer „Chat“ und dieser endete auch nicht, nach dem ersten Abend. Die Themen wurden umfangreicher. Rückwirkend betrachtet kann man auch in dem Chat diverse Flirts beider Seiten erkennen, die Katharina und mir zunächst aber gar nicht auffielen. So gingen die Tage ins Land. Da Weihnachten und das ganze Drumherum eigentlich ja so gar nicht unser Ding sind, stand es auch nicht im Mittelpunkt. Das Gefühl der Abneigung aber, wie es bei mir zu Weihnachten üblich war, war nicht bis kaum spürbar.

Man könnte auch sagen, dass es eigentlich sogar ganz angenehm war. Die Chat-Gespräche sowieso, aber ich meine mit „angenehm“ eigentlich die Weihnachtszeit an sich. Und gab es keinen Tag, an es nicht längere Chats gab. Keine vier Stunden vergingen, wo wir nicht über Filme, Bücher, das Leben, unsere Erfahrungen und Erlebnisse „geredet“ haben. Zum Thema Filme gibt es hier ein Zitat aus „Das Schweigen der Lämmer“, welches wohl ganz gut was geschehen ist:

Lecter: „Wie beginnen wir zu begehren, Clarice? Suchen wir uns Dinge zum Begehren aus? Strengen Sie sich mit allen Kräften an, jetzt eine Antwort darauf zu finden.“

Starling: „Nein. Wir können…“

Lecter: „Nein! Wir beginnen das zu begehren, was wir jeden Tag sehen!“

Und so scheint es auch passiert zu sein. Wir kamen uns mit jedem Chat näher. Immer mehr wurden wir persönlicher, intimer (i. S. v. offener) in den Gesprächen und miteinander vertrauter. Und dann war es irgendwann sehr kurz vor Weihnachten, wo Katharina dann fragte, ob wir telefonieren sollen. Sie sendete auch sofort ihre Rufnummer mit. Das war ein Punkt, wo mir sehr warm ums Herz wurde. Flirts waren in unseren Gesprächen schon lange an der Tagesordnung, je länger wir Kontakt hatten, um so offensichtlicher wurden sie. Wir verstanden uns einfach gut und merkten mit jedem Dialog, dass wir immer mehr Dinge gemeinsam haben, immer mehr wurde uns klar, dass wir gleiche Gefühle hatten und wir beide das auch genießen.

Dann kam der Tag es Telefonierens. Es war ein Abend vor Weihnachten gegen 19:35 Uhr, als wir zu telefonieren begannen. Das Gespräch verlief von Anfang an beinahe vertraut, routiniert, offen, fast so, als würde man sich schon seit Jahren kennen. Keine Schwierigkeiten irgendwie den Anfang zu finden, kein Problem die Themen zu wechseln. Selbst Missverständnisse blieben aus. Bei ernsten Themen konnten wir beide einen Spaß hineinbringen, ohne dass dies als unangemessen oder gar ignorant dem Anderen oder dem Thema gegenüber empfunden wurde. Es war ein langes Telefonat. Und um kurz vor 05:00 Uhr am nächsten Morgen endete es. Non-Stop. Eine tolle Nacht…

Diese Telefonate wurden mehr, und dauerten ähnlich lange. Es ging weiter bis nach Weihnachten, jeden Tag, immer wieder schrieben wir den ganzen Tag miteinander…

Das andere Weihnachten

Und dann kam der Punkt, an dem Katharina und ich feststellten, dass Weihnachten dieses Jahr untypisch war. Es war gar nicht so nervig und grau, wie sonst. Es war angenehm, es war spannend und in der Luft schien manchmal sogar ein wenig Lametta zu hängen.

Es war seit langem das schönste Weihnachten.

Und so hat uns „der Geist der diesjährigen Weihnachten“ also auch etwas verändert. Präzise müsste es ja heißen „der letztjährigen Weihnacht“, aber das nenne ich mal künstlerische Freiheit….  🙂 

Er hat uns jedenfalls in so fern geändert, also dass wir momentan dem nächsten Weihnachten hoffnungsvoll entgegensehen und es sind in Gesprächen auch schon Sätze gefallen, in denen die Worte „sehr schön“ und „wundervoll“ in einem direkten Zusammenhang mit „Weihnachtsmarkt“ fielen.

Vielleicht gibt es diesen Weihnachtszauber ja doch, das bleibt abzuwarten.